Innungsgründung

 Am 27. März 1898 versammelten sich im „Wettiner Hof“ Riesa die Dachdeckermeister

                  Carl Geyer, Riesa (Leiter der Versammlung, A.W.)

                  Robert Zimmler, Riesa

                  August Walther, Nünchritz

                  Ernst Haupt, Lommatzsch

                  Franz Endler, Riesa

                  Richard Korn, Riesa

                  J.E. Krause, Großenhain

                  Karl Brandt.

Sie beschlossen einstimmig, “eine freiwillige Innung des Dachdeckergewerbes für Amtshauptmannschaft Großenhain und Umgebung mit dem Sitz in Riesa“ zu bilden.

In einer weiteren Versammlung am 12. April 1898 wurde der Entwurf des Statuts beraten, das Statut selbst ging am 19. Dezember 1898 mit Antrag auf Genehmigung an den Rat der Stadt Riesa.

Die Innung sollte den Namen

„Innung der Dach-, Schiefer- und Ziegeldeckermeister für den Amtshauptmannschaftsbezirk Großenhain und Umgebung“

führen.

Daraufhin bat der Rat die folgend genannten Adressaten um Auskunft, ob in ihrem Verwaltungsbereich „ eine Dach- ,,Ziegel- und Schieferdeckerinnung besteht oder in der Einrichtung begriffen ist“:

            Königliche Amtshauptmannschaft Großenhain,

            Stadtrat zu Großenhain,

            Stadtrat zu Oschatz

            Stadtrat zu Lommatzsch

            Bürgermeister zu Radeburg.

Alle bestätigten, dass „zur Zeit eine solche Innung weder besteht noch in Errichtung begriffen ist.“

Gleichzeitig bat der Stadtrat Riesa, den Begriff „Umgebung“ genauer zu fassen. Am  04. Januar 1899 gab Herr Geyer den Namen der Innung an:

„Dachdeckerinnung der Dach- ,Ziegel- und Schieferdeckermeister für den Bezirk der

Königlichen Amtshauptmannschaft Großenhain und für die Städte Oschatz und

Lommatzsch“.

Am 20. Februar 1899 wurde die Befragung oben genannter Adressaten wiederholt, ob sie mit einer Ausdehnung der Innung auf ihren Bereich „Bedenken haben“.

Die meisten erwiderten, dass „ Bedenken nicht beigehen“.

Nur der Stadtrat Oschatz informierte, dass der Königlichen Kreishauptmannschaft Leipzig ein Statut der Schieferdeckerinnung Leisnig  (der Amtshauptmannschaften Döbeln und Rochlitz, gegründet Mai 1887, A.W.) vorlag, deren Bezirk auch die Stadt Oschatz erfassen sollte. Ein Schieferdecker aus Oschatz gehörte bereits dieser Innung an.

Am 24. März 1899 gab der Stadtrat Riesa seine Änderungshinweise zum Statutentwurf bekannt. Unter anderem

  • war die Einrichtung des Gesellenausschusses aufzunehmen,
  • mussten im Eingang des Statuts Formulierungen des Musterstatuts  verwendet werden,
  • erhielt die Innung den Namen Dachdeckerinnung zu Riesa, bestehend für das Dachdecker-(Ziegeldecker und Schieferdecker)-Gewerbe,“
  • war auch ein Stellvertreter für den Schriftführer zu benennen,
  • musste bei zureisenden Gesellen ergänzt werden:  „Gesellen, die wegen Arbeitsmangel nicht eingestellt werden können, erhalten gegen Quittung als Reiseunterstützung ein Innungsgeschenk, dessen Höhe jährlich bei der Haushaltplanberatung von der Innungsversammlung festgesetzt wird.“

Einen Tag später legte der Stadtrat Riesa der Königlichen Kreishauptmannschaft Dresden den Entwurf des Statuts in überarbeiteter Fassung vor und gab zu bedenken, die Oschatzer Dachdecker seien wohl wegen der größeren Entfernung zwischen Leisnig und Oschatz besser in der Innung Riesa aufgehoben.

Darauf antwortete das Ministerium des Inneren, Abteilung Ackerbau, Gewerbe und Handel:

„es  findet bei dem Mangel jeder Begründung für die…… vorgesehene Erstreckung des Innungsbezirkes auf die Stadt Oschatz keine Veranlassung…….die erforderliche Genehmigung zu erteilen“.

Endlich wurde mit Beschluss der Königlichen Kreishauptmannschaft Dresden vom 25. November 1899 das Statut i.d.F. vom 12. August 1899 genehmigt und „mit Decret versehen“. Der Innungsgründung stand nun nichts mehr im Wege.

Die Gründungsversammlung der freien Dachdeckerinnung zu Riesa

fand am 13. Dezember 1899

im Ratskeller zu Riesa statt.

Teilnehmer und zugleich Gründungsmitglieder waren

            Dachdeckermeister Carl Geyer, Riesa

            Schieferdeckermeister Richard Korn, Riesa

            Ziegeldeckermeister Franz Endler, Riesa

            Ziegeldeckermeister Johann Krause, Großenhain

            Ziegeldeckermeister Hermann Just, Großenhain

            Dachdeckermeister Heinrich Kaule, Radeburg

            Ziegeldeckermeister Robert Zimmler, Riesa

            Ziegeldeckermeister August Walther, Nünchritz.

Die Geschicke der jungen Innung wurden vom Vorstand gelenkt:

            Carl Geyer, Obermeister

            Johann Krause, sein Stellvertreter

            Robert Zimmler, Kassierer

            August Walther, Schriftführer

            Richard Korn, sein Stellvertreter.

INNUNGSLEBEN

Robert Zimmler lud als Vorsitzender des Prüfungsausschusses am 16. März 1908 zur

Gesellenprüfung am 30. März 1908 in sein Grundstück Goethestraße 8,Riesa, ein.

Am 30. Januar 1909 bestand der Innungsvorstand aus den Herren

            Richard Fiedler, Riesa, Obermeister

            Adolf Ziller, Großenhain, sein Stellvertreter

            Robert Zimmler, Riesa, Kassierer

            Bruno Held, Treugeböhla, 1. Schriftführer

            August Walther, Nünchritz, 2. Schriftführer.

Im November 1910 wandte sich Dachdeckermeister Franz Simon aus Meißen an den Stadtrat Meißen und benannte als Bezirk für die zu gründende freie Dachdeckerinnung Meißen „die Amtshauptmannschaft Meißen (einschließlich Lommatzsch) und die Orte Kötzschenbroda, Cossebaude und Moritzburg“.

„Lommatzsch gehört zu dem Bezirke Riesa. Es wohnen in Lommatzsch aber nur zwei selbständige Dachdecker: Preißler und Haupt. Beide gehören der Riesaer Innung nicht an; ersterer würde lieber der hier zu errichtenden Innung beitreten, während letzterer überhaupt kein Bedürfnis zum Beitritte zu einer Innung fühlt“

Daraufhin fragte der Stadtrat Meißen bei der Innung Riesa an, ob Bedenken gegen eine Zuordnung von Lommatzsch zur Innung Meißen bestehen. Obermeister Fiedler antwortete am  16. Dezember 1910: „Es bestehen keine Bedenken“.

1914  beantwortete Obermeister Fiedler eine Anfrage des Stadtrates Riesa:

„In Beantwortung….. besitzt die Dachdecker-Innung zu Riesa keine Gegenstände, welche einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunstwert haben, überhaupt keine wertvollen Gegenstände“

Nach dem Ableben des Obermeisters  Fiedler wurde am 30. Juni 1928 Dachdeckermeister

Richard Paul Knöfel aus Zeithain zum Obermeister der Innung Riesa gewählt.

Im September 1928 betrug der Dachdeckergesellenlohn (Lohngruppe III) für Riesa

einschl. Verkehrszulage von 5 Pfennig = 1,19 RM/Std.

 

In einer außerordentlichen Innungsversammlung der Dachdecker-Innung Riesa am

  1. September 1928 wurde ein längst überfälliger Nachtrag im Statut zum Lehrlingswesen angenommen. Anwesend waren die Innungsmitglieder

„Knöfel,OM,  Eduard Anemüller,  W. Krause, Schriftführer,  sowie die Herren

Ziller, Held, Ulbricht, Zillig, Schlehahn, Schulze, Grimm, Fiedler, Kretzschmar I und II“.

Ein neues Innungssiegel gab es 1928.

Das alte hatte die Rundschrift „Dachdecker-Innung Riesa“, das neue bei gleichem Wappen die Rundschrift „Dachdecker-Innung Amtsh. Großenhain ,Sitz Riesa“.

Diese Änderung der Innungsbezeichnung kann Ursache sein, dass in den Folgejahren auch die Bezeichnung „Dachdeckerinnung Großenhain“ in Veröffentlichungen vorkam.

 Im September 1930 bat Obermeister Knöfel den Stadtrat Riesa um Hilfe beim Einziehen rückständiger Innungsbeiträge und Zeitungsgelder. Betroffen waren drei Innungsmitglieder. Einer war bereit, infolge schwieriger Wirtschaftslage einen Teilbetrag zu zahlen, die beiden anderen „haben bis heute noch nichts von sich hören lassen“.

Tatsächlich wurden Pfändungsbefehle erlassen. Bei einem der Schuldner verlief die Pfändung erfolglos, weil „der Pfändung unterliegende Gegenstände nicht aufzufinden waren“.

Ebenfalls im September 1930 informierte Obermeister Knöfel den Stadtrat Riesa über die vermutliche Auflösung der freien Dachdeckerinnung Riesa, weil „der größte Teil der im Amtshauptmannschaftsbezirk Großenhain ansässigen Dachdecker der Innung nicht angehört“, was zur Gründung einer Zwangsinnung führen würde.

Eine außerordentliche Mitgliederversammlung beschloss am 31. Oktober 1931 die freie Dachdecker-Innung zu Riesa in eine Zwangsinnung, Amtshauptmannschaft Großenhain umzuwandeln.

Bei einer Gegenstimme stellten den Antrag

Paul Knöfel, Obermeister, Zeithain

Bernhard Kretzschmar, Lampertswalde

Adolf Ziller, sein Stellv., Großenhain

Paul Held, Treugeböhla

Willy Krause, Schriftführer, Großenhain

Arno Zillig, Riesa

Erich Fiedler, Riesa

Herbert Held, Großenhain

  1. Hänsch, Radeburg

Bruno Held, Treugeböhla.

Hermann Strobel, Großenhain

Der Innungsbezirk sollte wieder auf die Stadt Lommatzsch ausgedehnt werden.

Die Gewerbekammer Dresden teilte am 01. Dezember 1931 mit, dass gegen die Gründung der Zwangsinnung für die Amtshauptmannschaft Großenhain keine Einwände bestünden, wohl aber gegen die Einbeziehung von Lommatzsch, das gehörte zur freien Dachdeckerinnung Meißen. Außerdem gab die Gewerbekammer zu bedenken, dass

 aus Orten der Amtshauptmannschaft Großenhain gegenwärtig 35 Dachdeckerei-Inhaber (Hervorh. A.W.) in die Handwerksrolle eingetragen sind. Diese Zahl dürfte zur Bildung einer leistungsfähigen Gemeinschaft ausreichen.“

Am 04. Februar 1932 gab das„Riesaer Tageblatt“ die beabsichtigte Umwandlung von der freien zur Zwangsinnung bekannt . Gleichzeitig wurde eine Frist für Einsprüche gesetzt. Das Recht zum Einspruch nahm nur Ziegeldeckermeister Oskar Geyer aus Riesa in einem ausführlichen Schreiben wahr. Er entschloss sich „ für die Freie Innung“.