Innungsgründung

Die Geschichte der Dachdeckerinnung Meißen begann am 06. März 1910. An diesem Tage fassten die nachgenannten Unterzeichner den Beschluss, eine

Freie Innung für das Dachdecker-(Schiefer- und Ziegeldecker-)Gewerbe für Meißen und Umgebung „ zu gründen.

„Sie soll umfassen: Amtshauptmannschaft Meißen mit den angrenzenden Orten Kötzschenbroda, Cossebaude, Roßwein, Moritzburg, Radeburg, Gävernitz und Nauleis, Sitz soll Meißen sein.“

Gleichzeitig bat man den Stadtrat Meißen um behördliche Genehmigung dieser Innung und legte den Entwurf eines Statuts bei. Er entsprach im wesendlichen der Satzung der 1905 wiedergegründeten freien Dachdeckerinnung Dresden.

Unterzeichner des Beschlusses waren

Franz Simon,                           Gustav Bastian,

Arthur Simon,                          L. Siegemund,

Albin Funke                             Otto Wünsche,

Franz Lützner,                         K. Müller,

Clemens Funke,                       Paul Lindner,

Paul Möhler,                            Robert Kohlstrunk.

H.(ermann) Tutsch,

Am 02. April 1910 erhielt Herr Simon jun. den Statutentwurf zum redaktionellen Überarbeiten vom Stadtrat Meißen zurück. Bereits am 20. April 1910 war die geänderte Fassung wieder beim Stadtrat Meißen, der „gegen den Entwurf nichts einzuwenden „hatte.

Der Stadtrat Meißen sandte am 21.04.1910 der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden  folgendes Schreiben:

„Eine Anzahl selbständiger Dachdecker beschließt die Gründung einer freien Dachdeckerinnung für die

1 Stadt Meißen,

1 Amtshauptmannschaft Meißen,

2 Städte Roßwein und Radeburg,

3 Gemeinden Kötzschenbroda, Cossebaude, Gävernitz und Nauleis.“

Es wurde Auskunft erbeten, ob in den genannten Orten schon „Innungen für das gleiche Gewerbe“ bestehen.

Es antworteten

–     am 03.05.1910 Radeburg; es bestanden keine Bedenken, der Innung Meißen anzugehören. Jedoch gehörte Dachdeckermeister Kaule der Innung Riesa an (Gründungsmitglied der Innung Riesa am 13.12.1899, A.W.) .Da Herr Kaule wegen „fortgeschrittenen Alters“ seinen Betrieb 1911 aufgeben wollte, blieb er solange in der Innung Riesa.

–     am 07.05.1910 Roßwein; es bestand keine Dachdeckerinnung, „die hier wohnhaften Dachdecker gehören zur Zeit einer Innung als Mitglied noch nicht an“, keine Bedenken gegen Innung mit Sitz in Meißen;

–     am 14.05.1910 die Königliche Amtshauptmannschaft Dresden; in Kötzschenbroda bestand keine Dachdeckerinnung, es gab keine Einwände gegen eine Innung in Meißen. Von sechs in Kötzschenbroda ansässigen selbständigen Dachdeckern waren drei für die Innung Meißen, drei hatten „kein Interesse hieran“;

–     am 20.05.1910 die Gewerbekammer Dresden; sie hatte keine Einwände gegen die geplante Innung, hielt den “Zusammenschluss der Dachdecker im Meißner Bezirke und den Nachbarorten zu einer gemeinsamen Innung für zweckmäßig“. Sie gab jedoch zu bedenken, dass Roßwein im Bezirk der Gewerbekammer Chemnitz lag, diese musste mit entscheiden.

–     am 16.06.1910 erneut die Königliche Amtshauptmannschaft Dresden ; Im Amtsgerichtsbezirk Wilsdruff bestand eine „Innung der vereinigten Handwerker“, ein Dachdecker gehörte ihr an. Eine Umfrage unter den 22 Dachdeckern der Königl. Amtshauptmannschaft ergab: sieben Dachdecker erklärten ihre Bereitwilligkeit, der Innung Meißen beizutreten, davon einer mit dem Zusatz „wenn es sein muss“. Ein anderer:  „… sei nicht abgeneigt, aber zwingen lasse er sich nicht“. Vier Dachdecker erklärten sich dagegen, die übrigen „gaben überhaupt keine Erklärung ab.“

Die vereinigte Handwerkerinnung Wilsdruff hatte beschlossen, in Zukunft keines der Innung überwiesenen Gewerbe mehr freiwillig herzugeben, denn sie war schon „mehrmals in ihrer ursprünglichen Stärke geschwächt“ worden. Im Falle der Dachdeckerinnung Meißen „wolle man sich jedoch bescheiden“.

Die Gewerbekammer Chemnitz teilte am 15.07.1910 mit, dass Roßwein nicht zur Innung Meißen empfohlen werden kann, denn Roßwein gehört zum Bezirk der Schieferdeckerinnung in Leisnig. Daraufhin empfahl der Stadtrat Meißen Herrn Arthur Simon, Roßwein sollte bei der Gründung der Innung Meißen ausscheiden.

Am 23.09.1910 überreichte DDM Arthur Simon dem Stadtrat Meißen eine Vollmacht zum Vorbereiten der Gründung einer Dachdeckerinnung in Meißen. Vorher hatten ihn die  Dachdeckermeister  Hermann Tutsch und Franz Lützner dazu bevollmächtigt.

Daraufhin wandte sich der Stadtrat Meißen an den Stadtrat Riesa mit der Bitte um Auskunft, auf welchen Bezirk sich die Freie Dachdeckerinnung Riesa erstreckte. Riesa antwortete: „auf alle im Bezirk der Königlichen Amtshauptmannschaft gelegenen Stadt- und Landgemeinden und die Stadtgemeinde Lommatzsch.“

Schließlich bestätigte der Stadtrat Riesa dem Stadtrat Meißen am 17.12.1910 “es bestehen keine Bedenken, dass Lommatzsch künftig zur Innung Meißen gehört“,

Meißens Stadtrat teilte am 22.12.1910 der Königlichen Kreishauptmannschaft Dresden  mit:

„15 selbständige Dachdecker haben die Gründung einer freien Innung für das Dachdecker-(Schiefer- und Ziegeldecker)-Gewerbe zu Meißen beschlossen. Der Statutentwurf entspricht der Gewerbeordnung.

Die Innung soll sich auf den Bezirk erstrecken

– Stadt Meißen,

– Amtshauptmannschaft Meißen, einschl. Lommatzsch,

– die Gemeinden Kötzschenbroda, Cossebaude, Moritzburg,

– Wilsdruff ist noch nicht entschieden.“

Die Königliche Kreishauptmannschaft Dresden genehmigten Entwurf des Statuts, am 07.03.1911 reichte DDM Arthur Simon die Reinschrift des Statuts ein, erhielt es am 08.04.1911 genehmigt zurück. Nun musste er noch 5 beglaubigte Abschriften des genehmigten Statuts beim Stadtrat Meißen einreichen – und der Weg zur Gründung der Dachdeckerinnung Meißen war frei.

 

Die Gründungsversammlung

der Dachdecker-(Ziegel- und Schieferdecker-)Innung Meißen

fand am Sonntag, den 30. April 1911 um 11.00 Uhr

im „Kaisergarten“ Meißen statt. 

Unter Aufsicht eines Beauftragten des Stadtrates Meißen wurde der erste Innungsvorstand gewählt:

                       Hermann Tutsch, Meißen, Obermeister

                       Arthur Simon, Meißen, Stellvertr. des Obermeisters

                       Gustav Bastian, Meißen, 1. Schriftführer

                       Max Bock, Kötzschenbroda, 2. Schriftführer

                       Albin Funke, Meißen, Kassierer.

(Die Teilnehmer an der Gründungsversammlung, somit die Gründungsmitglieder, sind in den Unterlagen des Stadtarchivs nicht namentlich erfasst, A.W.).

INNUNGSLEBEN

Der erste Innungsstempel hatte folgendes Aussehen

Dachdeckerinnung Meißen

Ziegel- und Schieferdecker

zu MEISSEN

Am 08.02.1912 wählte die „Generalversammlung“ der Meißner Dachdeckerinnung einen neuen Innungsvorstand:

                         Obermeister :Arthur Simon

                         Vorstandsmitglieder : Gustav Bastian, Albin Funke, Arno Kohlstrunk.

Zur Vorstandswahl am 05.06.1921 erhielt das Vertrauen

Arthur Simon, Obermeister              Arno Kohlstrunk, 1. Schriftführer

Albin Funke, Stellv. des Obermeisters  Kurt Rüdiger, 2. Schriftführer.

Gustav Bastian, Kassierer.

 Mit Terminen kam eine Innungsleitung auch schon früher in Verzug. Zum Beispiel

ersuchte am 14.07.1921 die Gewerbekammer Dresden den Stadtrat Meißen um Unterstützung, weil die Dachdeckerinnung Meißen einen Fragebogen zu Lehrlingsangelegenheiten vom 20.05.1921 mit Erinnerungen am 11./29.06.21 einfach nicht beantwortet, „gegebenenfalls unter Androhung einer angemessenen Strafe“.

Jetzt reagierte Herr Simon, die angedrohte Strafe blieb aus.

Der 08. und der 09. Febr. 1925 bleiben wohl für immer ein Höhepunkt in der Geschichte der relativ kleinen Dachdeckerinnung Meißen. An diesen Tagen fand der 36. Verbandstag Deutscher Dachdeckermeister in Meißen statt (siehe Abschnitt „Erster Reichsverbandstag des Deutschen Dachdeckerhandwerks „).

 Nicht zuletzt durch seine beispielgebende und umsichtige Organisation dieses Verbandstages

festigte Arno Kohlstrunk das Vertrauen und die Achtung seiner Innungskollegen. Das zeigte sich auch im Ergebnis der Vorstandswahl am 27.01.1926:

                         Arno Kohlstrunk, Meißen, Obermeister

                         Kurt Rüdiger, Nossen, 2. Vorsitzender

                         Gustav Bastian, Meißen, Kassierer

                         Otto Bastian, Meißen, Schriftführer

                         Max Müller, Meißen, Beisitzer

                         Oswald Schuricht, Weinböhla, Beisitzer

                         Max Klemich, Lommatzsch, Beisitzer.

1928 gehörten der „Freien Innung Meißen – Stadt Meißen und Umgebung-“25 Mitglieder an.

„Sieben Firmen der Amtshauptmannschaft Meißen sind nicht angeschlossen“.

 

Eine Außerordentliche Innungsversammlung fand am 10.06.1928 statt. Auf der Tagesordnung stand u.a. eine „Statutsänderung“. Es nahmen 17 von 25 Innungsmitgliedern teil. Sie stimmten mehrheitlich der Änderung zu.

Diese geänderte Satzung wurde am 31.08.1928 von der Kreishauptmannschaft genehmigt.

Inhalte dieser Satzung sind heute durchaus noch aktuell, zum Beispiel zur„Geschäftsordnung  für die ordentlichen und außerordentlichen Innungsversammlungen“:

„§ 6 Jeder Redner hat in ruhiger, sachlicher und würdiger Weise zu sprechen, alles Persönliche und Gehässige zu vermeiden und sich streng an den Gegenstand der Verhandlung zu halten. Zurufe oder persönliche Bemerkungen aus der Versammlung sind unzulässig“.

Die Dachdeckerinnung Meißen veröffentlichte in regelmäßigen Abständen Preisverzeichnisse.2